Niedrige Zinsen lassen die Banken erfinderisch werden.
Euro- und Finanzkrise haben dazu geführt, daß die Europäische Zentralbank (EZB) die Zinsen immer weiter gedrückt hat. So erhoffte man sich durch mehr billiges Geld eine Belebung der Konjunktur und eine Abwehr der drohenden Deflation. Es gibt jetzt zwar Geld im Überfluß, zumindest für die Banken, die sich direkt bei der EZB mit neuem Geld versorgen, es jedoch nicht im erwünschten Stil an die Wirtschaft weitergeben. Für Sparer sind die Zeiten jedoch alles andere als rosig. Sie suchen händeringend nach renditestarke Investionsmöglichkeiten.
Wegen der niedrigen Zinsen kommen neben den privaten Kleinsparern aber auch institutionelle Player in Schwierigkeiten, beispielsweise Versicherungen. Die legen das Geld ihrer Kunden vornehmlich in sichere Anleihen an. Doch die Rentenfonds werfen kaum noch Erträge ab. Von klassischen Rentenfonds sollte man im Moment besser die Finger lassen. Der Garantiezins auf Lebensversicherungen mußte deshalb immer wieder gesenkt werden und so manche Altersvorsorge dürfte bereits in Schieflage geraten sein.
Altverträge mit hohen Zinsen
Auch Banken und Sparkassen haben mit den Niedrigzinsen zu kämpfen, lagern in ihren Tresoren doch noch zahlreiche Verträge, in denen sie ihren Kunden hohe Zinsversprechen gegeben haben. So waren Sparverträge vor 10 Jahren keine Seltenheit, die den Kunden erhebliche Bonuszinsen versprochen haben. Sparer, die solche Verträge in der Tasche haben, sind heute natürlich fein raus.
Auch die Sparkasse Ulm hat zwischen 1993 und 2005 hochverzinste Sparverträge mit einer Laufzeit von 25 Jahren an die eigenen Kunden verkauft. Darin enthalten die Garantie auf bis zu 3,5 Prozent Bonuszinsen. War das damals ein gutes Geschäft für die Sparkasse, will sie heute solche Verträge schleunigst loswerden. Verständlich aus Sicht der Bank, Zinsen von 3,5 Prozent sind heutzutage nur sehr schwer zu erwirtschaften.
Erschwerend kommt hinzu, daß Kunden, die früher nur 50 Euro pro Monat in den Vertrag einzahlten, ihre Überweisungen nunmehr bis zur Obergrenze von 2.500 Euro pro Monat aufstockten.
Deshalb erklärte die Sparkasse Ulm kurzerhand, daß sie diese Sparverträge nicht mehr verantworten könne. Man bot den Kunden an, in andere Verträge zu wechseln. Manche nahmen das Angebot an, andere waren verständlicherweise sauer und pochten auf die vereinbarte Laufzeit. Rund 4.000 der einstmals 21.000 verkauften „Scala“-Verträge waren deshalb strittig, und dieser Streit kam vor Gericht.
Das Landgericht Ulm stellte klar, daß die Sparkasse Ulm die Sparverträge wegen des mittlerweile deutlich niedrigeren Zinsniveaus nicht kündigen darf. Auch die gesetzlichen Bestimmungen zum Darlehensvertrag sind in dieser Beziehung ganz eindeutig. Darüber hinaus verbot das Landgericht der Sparkasse Ulm, die monatlichen Sparraten in der Höhe einzufrieren. Die Kunden dürfen ihre Sparrate jederzeit auf 2.500 Euro anheben oder auf 25 Euro absenken. So stand es im Verkaufsprospekt. Und dies gilt ebenso weiterhin, wie auch die Laufzeit.
Das falsche Image der Sparkassen
Diese Beispiel zeigt wiedereinmal, daß man als Bankkunde sehr genau aufpassen muß, damit einen die Geldhäuser nicht über den Tisch ziehen. Im Zweifel sollte man strittige Fragen immer ein Gericht klären lassen.
Und noch etwas anderes zeigt dieser Fall sehr deutlich. Sparkassen sind keinen Deut besser als große internationale Bankkonzerne. Auch Sparkassen schauen immer zuerst auf die eigene Rendite. Und so lange sie an ihren Kunden gut verdienen, pflegen sie ihr Image von der Ehrlichkeit und Bodenständigkeit. Gerät die eigene Rendite in Gefahr, dann werden die Samthandschuhe ganz schnell abgelegt.
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[Letzte Aktualisierung am 2024-10-31 at 15:31 / * = werbender Link (Affiliate) / Bilder von der Amazon Product Advertising API]